Wie alles begann....

Klubgeschichte des Modell-Eisenbahn-Klub Wil
Arthur Vogel, MEKW, überarbeitet und ergänzt von Jürg Arpagaus, MEKW

Man schrieb den 3. Februar 1948. Auf ein kleines Inserat in der Lokalpresse, laut welchem Interessenten für einen <<Eisenbahn Modellbau-Klub>>, gesucht wurden, trafen sich dreizehn bunt zusammengewürfelte Personen im Alter zwischen 18 und 40 Jahren im fastnächtlich dekorierten Säli des Hotels Freihof in Wil. Im Verlaufe des Abends wurde dann nach einigen Diskussionen der Modell-Eisenbahn-Klub Wil aus der Taufe gehoben. Damit fand unser Hobby mit unserem Verein, der 10. derartige in der Schweiz, auch den Weg aufs Land. Wil zählte damals knapp 7’000 Einwohner und war mehr eine verträumte Kleinstadt.

An den auf der Theke herumstehenden Modellen, vorwiegend in der Nenngrösse O gebaut, konnte man unschwer erkennen, wo der Schwerpunkt des neugegründeten Klubs liegen würde: beim Modellbau! Vor allem das halbfertige Modell eines RICAB4U in schwerer Stahlbauart stach hervor, das mit seiner Läge von 475 mm Aufsehen erregte. Dieses Modell wurde für den MEKW symptomatisch: Ab sofort gab es bei Neuheiten keine um mehrere Fenster verkürzten Personenwagen und keine um eine oder mehrere Achsen amputierte Lokomotive mehr. Über die Folgen unserer Modelltreue waren wir uns bald im klaren: Als nach wenigen Wochen an der Tödistrasse in Wil im Keller eines Architekturbüros ein Lokal gemietet werden konnte, machten wir uns an den Bau einer Versuchsanlage, aber der gut 3 x 8 m grosse Raum bot nur Platz für ein Oval mit Ausweichgleis. Im Frühsommer wurde auch der erste Wagenbaukurs gestartet. Vorbild war der SBB-L6 mit Bremserhaus. Damals gehörten noch gepresste Blechräder und Märklinkupplungen zur Standardausrüstung, die Wagen rollten schliesslich noch auf 5 mm hohem Schienenprofil aus Messing. Anschliessend folgte ein vielbeachteter Transformatorenbaukurs, weil die Leistung der Industrietrafos vielfach nicht unseren Erwartungen entsprach.

Infolge eines Brandfalles mussten wir leider nach einem Jahr aus unserem Lokal ausziehen. Nun begann die grosse Irrfahrt! Zuerst hausten wir in einem Estrich an der Speerstrasse, aber das abgeschrägte Dach und die räumlichen Möglichkeiten waren alles andere als ideal. Die nachher bezogene ehemalige Motorradwerkstatt an der Zürcherstrasse lag wohl im gleichen Gebäude wie das Stammlokal, aber das war auch der einzige Vorteil. Besser hatte es der junge Klub im Keller eines Möbelgeschäftes an der Gallusstrasse. Nachdem zuerst ein Holzboden und eine passable Beleuchtung eingebaut worden waren, konnte immerhin an die Erstellung eines doppelspurigen Ovals mit Steigungen und eines sechsgleisigen Durchgangsbahnhofs geschritten werden. Diese Anlage gedieh während zwei Jahren prächtig, bis unser damaliger Präsident heiratete und die Aussteuer nicht im obenliegenden Möbelgeschäft kaufte! Nach diesem erzwungenen Auszug fanden wir ein neues Lokal auf dem Dachboden des Hauses an der Marktgasse 20. Es war der bisher grösste Raum, er mass etwa 4 x 13 m. Hier entstanden auch die endgültige Streckenführung und die ersten noch erhaltenen Fotos. Da der Raum im 4. Stock aber nur über zum Teil steile Treppen zugänglich war und für eine öffentliche Besichtigung nie in Frage kam, zogen wir nach drei Jahren ins bisher beste und ebenerdige Lokal an der Glärnischstrasse 10. Hier wurde die Anlage vollendet und zum 10-Jahr-Klubjubiläum 1958 erstmals der Öffentlichkeit mit gutem Erfolg zugänglich gemacht. In der Folge wurde die Anlage weiter verfeinert und erneut dem Publikum gezeigt. Leider wurde 1960 unser schöner Raum für andere Zwecke benötigt, einmal mehr bauten wir die Anlage ab und lagerten sie ein. Dieses Mal für immer…

Es war kein Wunder, dass nach dieser Odyssee der Wunsch immer stärker wurde, ein eigenes Heim zu bauen, aus dem uns niemand mehr vertreiben konnte! Mit 7’000 Franken Klubvermögen und viel Optimismus machten wir uns auf die Suche nach Bauland. Zwei Versuche, am Rande von Wil Boden zu erwerben, scheiterten an einer Güterzusammenlegung und an einer Autobahnzufahrt. Doch das dritte Projekt, das in pausenlosen Studien an den Wochenenden rund um die Uhr in Rekordzeit erstellt wurde, erwies sich als Schwarztreffer. Ein Gründungsmitglied und grosser Gönner stellte uns am Stadtweiherpark in ruhiger Lage und doch keine fünf Gehminuten vom Zentrum entfernt etwa 1’150 m2 Boden im Baurecht auf 50 Jahre zur Verfügung. Bis es soweit war, musste unser Sponsor allerdings zuerst eine ganze Liegenschaft kaufen. Zudem standen ausgereifte und wohldurchdachte Baupläne zur Verfügung, die in ihrer Grosszügigkeit nichts zu Wünschen übrig liessen. Nachdem auch die gesichert war, blieb es der GV 1963 vorbehalten, über das grosse Bauvorhaben abzustimmen. Der MEKW zählte zu diesem Zeitpunkt 38 Aktive und Passive, 23 Anwesende stimmten dem Bau des Eigenheimes geschlossen zu.

Bei strömendem Regen begannen am 29. April 1963 die Aushubarbeiten. Am Fronleichnamstag war bereits die Zwischendecke betoniert, und am Samstag, 23. Juni 1963, war unser Neubau unter Dach! Unverzüglich begannen die Innenarbeiten, im November war die Werkstatt fertig. An Pfingsten 1965 war das Klubheim fertiggestellt, und trotz des viel besseren Ausbaues als in der Planung vorgesehen, fand keine Kostenüberschreitung statt. Der Voranschlag errechnete eine Summe von rund 30’000 Franken, die effektive Abrechnung ergab einen Betrag von rund 29’500 Franken! Der 10. Juli 1965 ist der bisher schönste Tag in unserer Klubgeschichte: Unter grosser Anteilnahme der Behörden, Bahnvertreter und Bevölkerung wurde unser neues Haus mit einer grossen Modellausstellung offiziell eingeweiht und der Zweckbestimmung übergeben.

Nun folgte ein intensiver Gedankenaustausch über die neue Klubanlage. Neue Erkenntnisse und Baumethoden waren in der Zwischenzeit Allgemeingut geworden. Es war bald einmal klar, dass von der früheren Anlage (Dreileiter-Wechselstrom und 5 mm hohes Schienenprofil) ausser den Hochbauten nichts mehr verwendet werden konnte. Bereits hatten zwei Mitglieder einen Streckenplan verfasst, der eine interessante, doppelspurige Gebirgsbahn mit verschlungener Streckenführung zum Inhalt hatte. Dieses Projekt wurde im Herbst 1966 in Angriff genommen, wobei grösster Wert auf saubere und fachmännische Ausführung aller Arbeiten gelegt wurde. Optimistische Schätzungen deuteten auf eine Bauzeit von zehn Jahren. Zugleich führten wir erstmals zwei Wagenbaukurse nebeneinander durch: den SBB-L7 für Anfänger und den J2d für Fortgeschrittene. Zehn bzw. acht Wagen wurden gebaut. Nach zwei Jahren war die Umfahrung des Hauptbahnhofes fertiggestellt. Dieses Ereignis verbanden wir mit einer weiteren Modellausstellung die Besucher strömten in Scharen herbei.

An der Generalversammlung 1968 war die ganze Bergstrecke einspurig in Betrieb und an Pfingsten 1970 doppelspurig mit der eindrucksvollen Nachbildung der neuen Trisannabrücke als Mittelpunkt. Anschliessend fand die erste öffentliche Vorführung unserer Klubanlage statt. Nachdem auch der kleine, fünfgleisige Nebenbahnhof gebaut war und ein grosses Felsmassiv mit Steinschlaggalerie die landschaftlichen Möglichkeiten andeutete, wurde letztes Jahr nochmals während zweier Wochen das Heim den Interessenten geöffnet.

Der MEKW befasst sich nicht nur allein mit der Modellbahn! 1965 kaufte ein Gönner die letzte Dampflokomotive der Frauenfeld-Wil-Bahn, die G 3/3 Nr. 2 <<Wyl>>, (SLM Fabriknummer 462, Baujahr 1887) und schenkte sie dem Klub als Denkmallok! Da wir jedoch mit dem Bau des Klubheims und der Anlage vollbeschäftigt waren, ruhte der Veteran vorläufig im Depot Wil der FW. Aber zu Beginn des Jahres 1971 wurde uns von der Verwaltung nahegelegt, die Lokomotive zu übernehmen, da deren Platz gebraucht werde. Per Tieflader wurde sie zu einem Passivmitglied an der Toggenburgerstrasse gebracht und dort während Tagen gründlich gereinigt, entrostet und grundiert, dann aber infolge Arbeitskräftemangels wieder eingemottet. Im Sommer 1972 erboten sich die Organisatoren des internationalen Dampflokfestes in Degersheim, den Oldtimer ausstellungswürdig herzurichten, wenn wir ihn für diesen Anlass zur Verfügung stellten. So reiste nun unser Veteran auf der Strasse nach Degersheim, erhielt seinen schmucken Farbanstrich, bekam auch einen schönen Platz im Garten vor der Post und wurde bald der Liebling der Dorfbevölkerung. Jetzt war es höchste Zeit, für unsere Lokomotive das letzte Depot zu erstellen. Nach zähem Ringen um die Bewilligung war es jetzt soweit: Am 11. Juli 1972 traf die <<Wyl>> nach ihrer letzten Fahrt im MEKW-Klubheim ein und bestieg mit Hilfe eines 60 t-Autokranes den endgültigen Ruheplatz.

Zum 25-Jahr-Jubiläum 1973 wurde das Lokomotivdenkmal <<Wyl>>, feierlich enthüllt und die weitergebaute Klubanlage der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Frühjahr 1974 hatten wir zum zweiten Mal nach 1958 die Ehre, die Delegiertenversammlung des SVEA durchzuführen. Nebst SBB-Silobesichtigung, grosser Fahrzeugschau von SBB, BT und MThB im Bahnhof Wil stand unsere Klubanlage erneut im Mittelpunkt. Die öffentliche Vorführung im folgenden Jahr sah neben den weiteren Fortschritten im Geländebau als grossen Star einen RAeTEE der SBB, dessen Existenz eine Rekord-Besucherzahl einbrachte und unsere beinahe leere Vereinskasse beachtlich auffüllte. Das war aber leider für längere Zeit der letzte Lichtblick.

Interne Reibereien und ähnliche unschöne Dinge führten über das Jahresende zum sofortigen Rück- und Austritt des Präsidenten. In den folgenden zwei Jahren plätscherte das Klubleben so dahin ohne Höhepunkte. Einzige sehenswerte Neuerung war der Bau der wirklich gewaltigen Burgenanlage auf dem rechten Anlageteil. Das war aber im wesentlichen das Werk eines einzigen grossen Könners.

Als zu Beginn des Jahres 1978 ein neuer, junger, unbelasteter und fachlich ausgezeichneter Präsident das festgefahrene Vereinsschiff übernahm, ging es bald wieder aufwärts, und wir dürfen ruhig sagen, dieser Trend halte heute noch an. Alle Techniken wurden verfeinert und der Zeit angepasst wie zum Beispiel Schleuderguss- und Ätzteile im Fahrzeugbau. Die Häuser wurden nicht mehr nach bestehenden Faller-Vorlagen vergrössert und gebaut, sondern eigene Vorbilder im Toggenburg ausgemacht und minutiös nachgebildet. 1983 fand wiederum eine äusserst ertragsreiche Vorführung der Klubanlage statt, und sie führte allen Besuchern den neuen Stil eindrücklich vor Augen.

Das 40jährige Klubjubiläum fand unter reger Anteilnahme von Behörde, Öffentlichkeit, befreundeten Klubs, der Presse und, zeitgemäss, dem Radio statt. Nebst Fahrbetrieb, an dem unsere Anlage dem kritischen Blick unserer Modellbahnkollegen standhielt, war zum Nachtessen ins Restaurant Freihof, unserer Gründungsstätte, geladen. Wir durften an einem gelungenen Abend viele Glückwünsche, Komplimente und Präsente entgegennehmen. Zu vorgerückter Stunde konnte mit Genuss festgestellt werden, dass unsere Klubmitglieder nicht nur den Modellbau sondern auch die Tanzfläche fest im Griff hatten zu Musik vom aufspielenden Duo.

Schon bald nach den Jubiläumsaktivitäten sahen wir unser Betätigungsfeld einmal mehr verlagert vom Modellbahnhobby zur Bau- und Renovationstätigkeit. Die Decke unseres Anlagenraumes hatte in den Jahren arg gelitten. Einerseits war sie nicht mehr schneeweiss, sondern präsentierte sich in dem wohlbekannten und unbeliebten Gelb der Alterung. Andererseits hatten im Verlauf der Jahre Marder Einzug gehalten, die das Material geradezu liebten. Das Isolationsvermögen litt stark, was sich in entsprechend tiefen Temperaturen im Winter und Tropenatmosphäre im Sommer niederschlug. Mit fachmännischer und tatkräftiger Unterstützung eines Klubmitgliedes verschwand die Anlage unter einem Gerüst. Jedermann war an Deck und nach erstaunlich kurzer Zeit erstrahlte die Decke in weiss lasiertem Täfer, unter dem eine zeitgemässe Isolation für ausgeglichenere Temperaturen sorgt. Es ist wohl der Fachkompetenz unseres Dachdeckers zu verdanken, dass nach dem Abbau des Gerüstes nur zwei kleinere Schäden an der Anlage zu beheben Mehrmals folgten wir in diesen Jahren dem Trend zu Ausstellungen und beteiligten uns aktiv an Mobautech und Modellbautagen. Die Reaktionen des Publikums erfuhren wir als äusserst positiv, einige Neumitglieder konnten gewonnen und wertvolle Kontakte geknüpft werden. Der Aufwand bewegte sich bei uns wohl allzu perfektionistischen Modellbahnern sowohl personell als auch materiell bald in einem Rahmen, der einen Gesinnungswandel zu Gunsten unserer eigentlichen Interessen in unserem Klub einleiteten. Wir konzentrieren uns im Moment mehr auf unsere Anlage und unser Klubheim. waren.

Apropos Klubheim: Wir geniessen die damit verbundene Freiheit und möchten unser Heim nicht mehr missen, allerdings ist damit auch, einmal mehr, Arbeit verbunden. Diesmal stand die Renovation und Isolation der Aussenfassade an. Dieselben Fachkräfte besorgten die Planung, zu der auch die politischen Stellen von Wil mitzureden hatten, gehört doch unser Klubheim zum Altstadtkern und Weiherpark. Bald konnten die Arbeiten in Angriff genommen werden. Jede hilfreiche Hand war gefragt. Die alte Fassade mit Fenstern wurde abgebaut, dann Balken versetzt und die neuen Fenster eingepasst. Schliesslich verschwand die neue Isolation unter einer Eternitabdeckung, von Klubmitgliedern gesponsorte Lamellenstoren zierten die neuen Fenster und Malerarbeiten gaben den letzten Schliff. Auch unser Aufenthaltsraum, die Klubstube erfuhr eine Erneuerung. Ein Klubmitglied vermittelte eine passende und günstige Küche, baute sie ein und stiftete erst noch den notwendigen Kühlschrank und ein praktisches Rollmöbel. Nach einem Aufwand von 950 Stunden Frondienst und 30’800 Franken, fast dem gleichen Betrag, der vor 30 Jahren zur Erstellung des Klubheims genügte, konnten wir diese Tätigkeit abschliessen und uns wieder vermehrt den Anlagen- und Modellbau widmen.

Seit längerer Zeit zeigten sich bei mehreren Weichen alterungsbedingte Funktionsstörungen. Ein Ersatz wurde notwendig und in ein neues Konzept für den Güterbahnhof eingeplant. Vor rund zwei Jahren bürdeten wir uns dann für das 50-Jahre-Jubiläum einen weiteren Brocken auf. Das Konzept für den neuen Güterbahnhof mit neuem Unterbau wurde gutgeheissen. Einmal mehr zeigte sich, dass in unserem Klub Gemeinschaftssinn und Arbeitswille herrscht und man sich darauf verlassen kann, wenn es um die Wurst geht. So viele Mitstreiter wie die letzten zwei Jahre waren lange nicht mehr im Anlagenbau tätig. Bei Drucklegung dieses Artikels sollte der Bahnhof funktionstüchtig und für ein würdiges 50jähriges bereit sein.

Zum Jubiläum präsentieren wir unseren Klub der Öffentlichkeit. Auch für das leibliche Wohl wird gesorgt sein. Unser Klubheim und der Güterbahnhof erstrahlt in neuem Glanz und legt Zeugnis davon ab, was ein kleiner Klub mit engagierten Mitgliedern alles erreichen kann. Wir freuen uns über jeden Gast, der mit uns feiern und unsere Anlage im Betrieb kritisch begutachten möchte.

 

Unser eigenes Klubheim

Da unser Klubheim dazumals im Baurecht auf einem Grundstück eines Mitgliedes erstellt worden ist und dieses im Jahre 2013 abgelaufen wäre, mussten wir uns um die Zukunft des Klubs Gedanken machen.

Nach langer Vorverhandlung mit den Grundstückseigentümern und verschiedenen Banken konnten wir an der 56. GV vom 28.02.2004 über den Erwerb des zugehörigen Grundstückes abstimmen. Da im Untergeschoss noch Garagen vermietet sind, kann fast die ganze Zinsbelastung der Hypothek mit diesen Einnahmen getilgt werden. Durch eine an der GV bestummene zweckgebundene Erhöhung des Beitrages um Fr. 20.- können wir auch die geplante neue Heizung und weitere Unterhaltsarbeiten finanzieren.

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